Für allzu viele hat sich ERP (Enterprise Resource Planning) zu einem Schimpfwort entwickelt. Jahre, nachdem sie sich von Anbietern, die nie da gewesene Optimierungen von Geschäftsabläufen versprachen, dazu hatten überreden lassen, Millionenbeträge zu investieren, prüfen die Unternehmen nun die Rentabilität ihrer Investitionen und kommen gewöhnlich zu dem Ergebnis, dass sie weit hinter ihren Erwartungen zurückbleiben.
In einer weltweiten Studie unter Nutzern von Unternehmensanwendungen hat Accenture kürzlich herausgefunden, dass nur 4% davon alle Einsparungen erzielt hatten, die sie sich durch den Einsatz von ERP erhofften, 38% hatten nur die Hälfte der erwarteten Einsparungen erzielt. „Offensichtlich wurden solche Einsparungen innerbetrieblich als Argument für den Einsatz des Programms verwendet, es war also in dieser Hinsicht mit Enttäuschungen zu rechnen.“ Bemerkt Tony Holman, Partner der Products Operating Group von Accenture.
Älter und weiser geworden erzittern die Unternehmen heute angesichts des zusätzlichen Drucks eines schwierigen Geschäftsklimas bei dem Gedanken, Technologie um ihrer selbst willen anzuschaffen. Das hat die Software-Anbieter aber nicht davon abgehalten, ihre Techniken weiterzuentwickeln. CRM (Customer Relationship Management), SCM (Supply Chain Management), SRM (Supplier Relationship Management) und zahlreiche andere Drei-Buchstaben-Akronyme haben den Markt für ERP-Tools weiter vorangebracht – das Ergebnis: ERP II.
Angesichts der Entstehung von ERP – das aus MRP (Manufacturing Ressource Planning) und dessen Nachfolger MRP-II hervorgegangen ist – ist es kaum überraschend, dass auch ERP einen Nachfolger hervorgebracht hat. ERP II trägt der rasanten technologischen Entwicklung der vergangenen Jahre Rechnung: Durch die Formalisierung von Zusammenarbeit und Datenarchitekturen über ausgedehnte Versorgungsketten hinweg reicht dank ERP II die durch ERP II zu erzielende Unternehmensoptimierung auch über die vier Wände der Firma hinaus. Das ultimative Ziel ist die Erzeugung einer riesigen Handels-Ökosphäre, innerhalb derer Unternehmen und ihre Partner zu beiderseitigem Nutzen nahtlos in dynamische Beziehungen eingebunden sind.
Allerdings wird es nicht einfach sein, dieses Versprechen zu vermarkten: Zwei Jahre ohne finanzpolitische Anreize und die Erinnerung an fehlgeschlagene oder weitgehend erfolglose ERP-Projekte haben ihre Spuren hinterlassen. „Die Leute blicken zurück und fragen sich, wo all das Geld geblieben ist“, sagt Michael Devlin, zuständig für ERP im Supply Chain- und CRM-Bereich bei IBM Global Services.
Dennoch blicken Unternehmen immer noch nach vorne, sagt Devlin: „Wenn man heutzutage die Verkaufsargumente für ERP betrachtet, geht es zunächst um Kosteneinsparung, dann um die strategischen Vorteile und als drittes schließlich – aufbauend auf dieser Grundlage – um Amortisierung aufgrund steigender Umsätze. Unternehmen wollen wettbewerbsstärker und flexibler werden, indem sie die Fähigkeit erlangen, nach außen anderen Unternehmen Informationen zukommen zu lassen und von außen Informationen zu erhalten. Der Unterschied liegt heute nur darin, dass man damit nicht mehr den technologische Vorreiter spielt, sondern nur auf einen schon fahrenden Zug aufspringt.“
Die Anbieter erkennen, dass eine vollkommen transparente Versorgungskette verlockend auf budgetbewusste CIOs wirkt, die mit der Unternehmenssoftware echte Werte für das Unternehmen schaffen wollen, und positionieren deshalb sich und ihre Lösungen neu und versuchen so, an den von Technologie getragenen Wandel in den Unternehmen anzuknüpfen, der vor sechs Jahren eingesetzt hat.
Dieses Mal, so versichern sie, werde alles anders. Die Anbieter tun alles, um die Kunden davon zu überzeugen, dass der Übergang zu ERP II – das üblicherweise CRM, SCM, SRM und ERP-Anwendungen enthält, die durch noch eine weitere Analyse der Geschäftsabläufe gesteuert werden – relativ schmerzfrei sein wird, und betonen dabei die Veränderungen in den Architekturen und die Reife der Beratungsfirmen und der Kunden.
Skeptisch? Gut. Weiter so!
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